Es ist ja fast schon peinlich für mich zuzugeben, dass wir seit mehr als vier Jahren in Nepal leben, aber noch nie so richtig trekken waren. Am Anfang hatte ich die Befürchtung, Miriam könnte die Anstrengung zu viel sein (da war sie ja erst 2,5 Jahre alt…) und dann hatten wir irgendwie nie die Zeit, bzw. haben sie uns nicht genommen. Jetzt sollte es aber endlich so weit sein, wenigstens mal ein kurzer Trek musste dieses Jahr mit drin sein.
Nach langem überlegen haben wir uns für den Poon Hill/Ghandruk Trek entschieden. Man kann diese Strecke auch in drei Tagen laufen, wir haben uns aber das Ganze in fünf Tagen vorgenommen, was auch definitiv die richtige Entscheidung war. Von 1000 Höhenmetern sollte es über tausende von Treppen bis auf 3200 m auf dem höchsten Punkt gehen. Um ganz ehrlich zu sein, ich war mir nicht so sicher, ob wir das packen, aber da es sich um einen Rundweg in der Nähe von Pokhara handelt, hätten wir jederzeit umdrehen können. Also der ideale Einsteigerweg.
Zum Glück waren wir ja schon so halbwegs vernünftig ausgerüstet, vor allem für unsere Meindl Wanderschuhe war ich dankbar. Einige Dinge musste ich aber noch kurz vor knapp kaufen, z.B. einen Schlafsack für Miriam und eine Trekkinghose für mich. Aber das ist ja dank der vielen Trekkingshops in Thamel kein Problem. Gut ausgerüstet ging es dann also für uns mit dem Bus nach Pokhara und dann am nächsten Tag unter den ungläubigen Blicken des Hotelpersonals ins Taxi nach Najapul. Die wollten noch nicht einmal unsere Reservierung für die Rückkehr annehmen, weil sie sicher waren, wir würden den Trek nicht schaffen und entweder viel später kommen, oder abbrechen und früher aufschlagen… Wir haben uns aber nicht beirren lassen und sind dann eineinhalb Stunden später frohen Mutes aufgebrochen zu unserem ganz persönlichen Abenteuer.
Ich finde immer, die erste Stunde einer langen Wanderung hat etwas ungeheuer Befreiendes. Vorher überlegt man ständig, was man vergessen hat, ob der Rucksack zu schwer ist, ob die Anziehsachen warm genug sind, aber wenn man dann endlich unterwegs ist, ist das alles egal. Selbst wenn man etwas vergessen hat, jetzt ist es zu spät und man kann sich einzig und allein auf das konzentrieren, was vor einem liegt. Genauso ging es mir auch. Sobald wir Najapul hinter uns gelassen hatten, ist die Anspannung der letzten Wochen von mir abgefallen und ich habe mich frei und leicht gefühlt, wie lange nicht mehr.
In Birethani, dem nächsten Ort, mussten wir dann unsere Trekkingerlaubnis und unsere Timskarte vorzeigen und sind wieder auf großes Erstaunen gestoßen. „No guide? Your baby?“ Ja, no guide, und mein Baby, aber wir schaffen das schon :-). Miriam war auch total aufgeregt und hat sich auf die fünf Tage gefreut, und vor allem war sie auch super stolz wenn sie wieder mal verkünden konnte, dass sie vorhat die ganze Strecke auf ihren kleinen Beinchen selbst zu laufen!
Von Birethani aus ging es ein ganzes Stück entlang eines Feldwegs, auf dem auch noch Jeeps fuhren, kurz vor unserem Tagesziel Tikkhedhunga haben wir diese jedoch verlassen und dort dann unser letztes Fahrzeug für die nächsten vier Tage gesehen. Von hier an wurde jeder Lastentransport durch Menschen oder Tiere durchgeführt und wir konnten unsere Zeit ohne Hupen und Staub genießen!
Nach ungefähr vier Stunden Laufen (plus Pausen) haben wir dann schließlich Tikkedhunga erreicht, unser erster Übernachtungsort. Miriam hat mal wieder zielsicher ein tolles Gasthaus ausgesucht, und wir haben am Nachmittag noch ein wenig den Ort und die nahe Hängebrücke ausgekundschaftet. Miriams Energie ist echt immer unglaublich für mich, ich wäre auch glücklich gewesen, wenn wir einfach mit einem Kaffee in der Hand zu Hause geblieben wären, aber sie wollte los und hat dann auch direkt Freunde gefunden, mit denen sie spielen konnte.
Als es dunkel wurde, sind wir dann aber schnell ins Bett gegangen, um am nächsten Tag gut ausgeruht für die anstrengendste Etappe zu sein. Von Tikkedhunga sollte es – wieder über Stufen – bis nach Ghorepani gehen, 1300 Höhenmeter von 1500 auf 2800…
Vor dieser Strecke hatte ich den meisten Respekt und um wenigstens genug Zeit für Pausen zu haben, haben wir uns schon um 8 Uhr auf den Weg gemacht. Ziemlich schnell sind alle anderen an uns vorbei gezogen und wir waren die letzten in der langen Reihe der Trekker auf dem Weg nach Ghorepani, aber das war mir ehrlichgesagt auch ganz recht. Auf diese Weise hatten wir den Weg fast immer für uns allein und obwohl am Ende der Saison noch immer relativ viele Leute unterwegs waren, hatten wir nicht den Eindruck als sei der Trek überlaufen.
Nach mehr als zwei Stunden hatten wir dann endlich den ersten größeren Ort auf der Strecke erreicht – Ulleri. Tikkedhunga konnten wir da noch sehen, ich glaube es liegt weniger als 2 km Luftlinie entfernt, aber mehr als 500 Meter tiefer im Tal… Dort haben wir uns dann erst mal mit Kaffee, Tee und gekochten Eiern gestärkt und so langsam wurde es auch ein wenig kälter. Miriam hat wie immer ihre kleine Tasche mit Spielzeugen mitgehabt und dort ausgiebig mit ihren Pferden gespielt.
Und weiter ging es, langsam aber stetig haben wir uns den Berg hochgeschoben, immer wieder unterbrochen von Pausen auf den schönen Steinbänken am Wegesrand. Unsere Schokoladenvorräte, die ich aus Kathmandu mitgebracht hatte, haben sich an dem Tag doch deutlich verkleinert…
Hier haben wir auch zum ersten Mal die Lastenpferde und –esel gesehen, die alle Waren, Lebensmittel und andere Dinge hochtragen, die man lokal nicht herstellen kann. Miriam war natürlich sofort begeistert, ihre Lieblingstiere live zu sehen, sehr schnell hat sie aber auch erkannt, dass das Leben so eines Esels ganz schön hart ist. Über Steinstufen müssen die Tiere tagein tagaus hoch und runter, die schweren Lasten scheuern am Rücken und wir haben viele Tiere mit Wunden und Schrammen gesehen. Besonders wütend hat Miriam gemacht, dass die begleitenden Menschen die Pferde permanent angeschrien und geschlagen haben, dafür hatte sie gar kein Verständnis. Und aus diesem Verhalten ist dann im Laufe des Tages ein Plan entstanden: Miriam möchte Esel und Pferde retten!
Wir haben in Kaule ein Stück Land, auf dem Miriam jetzt einen Stall bauen möchte, in dem die geretteten Tiere leben können. Sie hat sich schon genau überlegt, dass sie oben in dem Stall ein Zimmer braucht und ein Tau, damit sie immer schnell runter klettern kann, wenn einer ihrer Schützlinge sie braucht. Allen Kindern im Dorf möchte sie das Reiten beibringen und jetzt schon anfangen, Geld für ihr Projekt zu sammeln. Voller Energie und Vorfreude hat sie dieses Pläneschmieden durch die zweite Tageshälfte getragen und sie hat sich sogar schon die Namen der Pferde und Esel gut überlegt… Und ich kann mir gut vorstellen, dass wir das eine oder andere aus ihrem Plan in der Zukunft umsetzen können, Miriam ist jedenfalls Feuer und Flamme!
An unserem zweiten Tag war das Wetter nicht so gut, am Anfang haben wir uns ziemlich darüber gefreut, da wir am Tag vorher auf dem Weg fast geschmolzen sind, aber je höher wir kamen desto kälter wurde es dann auch ohne Sonne. Als wir dann schließlich nach neun langen Stunden in Ghorepani ankamen, hatten sich die Wolken so weit gesenkt, dass wir mitten drin standen. Teilweise konnte man kaum 20 Meter weit sehen und die Luft war feucht.
Schnell haben wir dann wieder ein Guesthouse gefunden und uns mit heißen Getränken aufgewärmt. Der nächste Tag sollte der Höhepunkt unserer Tour sein, der Aufstieg nach Poon Hill zum Sonnenaufgang. Bei der aktuellen Wetterlage hatte ich jedoch große Befürchtungen, dass damit nichts wird und wir auch von oben nur den nächsten Baum sehen könnten. Trotzdem sind wir nach einem leckeren Essen am Holzofen früh ins Bett gegangen, um am nächsten Morgen für alles bereit zu sein!
Teil II unseres Berichtes wird in den nächsten Tagen online gehen. Dort erfahrt ihr, ob wir am Poon Hill eine schöne Sicht hatten, wie wir unterwegs hängen geblieben sind und wie wir am Ende wieder vom Berg runtergekommen sind :-).
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Und noch ein Hinweis: Wie oben gesagt, sind Miriam und ich diesen Trek ohne Guide gegangen. Dies kann ich jedoch nicht unbedingt empfehlen, vor allem nicht bei längeren und ausgesetzteren Touren. Für uns war es in diesem Fall in Ordnung, da wir schon so lange in Nepal leben und die Sprache sprechen und natürlich auch, da der Poon Hill Trek gut ausgebaut und ausgeschildert ist. Es gibt aber eine Vielzahl an Anbietern, die auch Touren für Familien anbieten und wir können es nur empfehlen, nicht alleine in die Berge zu ziehen, vor allem nicht mit Kindern.
Mittlerweile gibt es auch ein Videotagebuch zu unserem Trip, würde mich freuen, wenn ihr auch mal auf unserem Youtubekanal vorbei schaut.
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Christina (Donnerstag, 22 Dezember 2016 12:27)
Hallo ihr zwei!
Nun hab ich es endlich mal geschafft, ein bisschen in eurem Blog zu stöbern. Sehr tolle und interessante Geschichten!
Liebe Grüße euch beiden und so schlimm war die Brücke doch gar nicht ;-)
Eva (Donnerstag, 22 Dezember 2016 16:33)
Schön, dass dir unser Blog gefällt :-). Nein, so schlimm war sie nicht, Miriam ist nur immer so sehr an den Rand gegangen, das hat mir nicht so gut gefallen :-)