Nach einer kalten Nacht in Tadapani auf unserer Tour zum Annapurna Base Camp wurden wir am nächsten Morgen mit einer unglaublichen Aussicht belohnt. Schon auf dem Weg zum Frühstücksraum zeigten die beeindruckenden 8000ender uns ihr Gesicht. Von hier aus war auch der Weg komplettes Neuland für Miriam und mich, da wir auf unserem Poon Hill Trek vor zwei Jahren von Tadapani direkt weiter nach Gandruk gelaufen waren. Unser heutiges Tagesziel war Chhomrong.
Hoch und runter, hoch und runter – die Annapurna Base Camp Wanderung
Dass das Annapurna Base Camp hoch liegt war mir natürlich schon vor unserer Wanderung klar. Was ich allerdings nicht wusste, war dass man auf dem Weg nach oben so viele Seitentäler überqueren muss, die sich tief in die Bergflanken eingefressen hatten. Tadapani liegt auf 2660m, Chhomrong auf 2177m. Nach einem Blick auf die Karte rechnete ich also mit einem leichten Tag, aber Pustekuchen. Wir sind in der ersten Tageshälfte viel weiter abgestiegen, um über eine Hängebrücke einen Fluss zu überqueren – und dann ging es wieder hoch. Und natürlich auch wieder über Treppen.
Je weiter wir abstiegen, desto heißer wurde es auch wieder, und Miriam hat sich unterwegs doch wieder die kurze Hose angezogen. Insgesamt war ich sehr überrascht über die Temperaturunterschiede, da es in den Tälern doch fast noch tropisch heiß war, während es weiter oben natürlich kälter wurde.
Insgesamt änderte sich der Charakter des Weges an diesem Tag sehr, man merkte, dass wir so langsam in „unser“ Tal einbogen, auch wenn dieses hier noch sehr weit war. Durch Reisfelder und kleine Dörfer näherten wir uns langsam unserem Tagesziel, doch irgendwie zog sich der Tag ganz schön. Wir waren sehr froh, als wir schließlich ankamen und ein schönes Guesthouse fanden, in dem Miriam und ich ein Doppelzimmer hatten – das letzte Mal auf unserem Trek. Da wir in der Hauptsaison unterwegs waren, war es oft sehr voll und je weiter es hoch ging, desto schwieriger wurde es Zimmer zu bekommen. Im Aufenthaltsraum mussten wir trotz Ankündigung nie schlafen, aber die Schlafsäle wurden immer größer und voller, was für mich nicht unbedingt zu einer guten Nachtruhe beigetragen hat.
So nah und doch so fern
Von dem Dach unseres Guesthouses aus konnten wir schon fast unser nächstes Tagesziel Doban sehen, aber leider lag wieder ein Seitental dazwischen. Auf dem Weg nach unten liefen wir durch das langgezogene und sehr traditionelle Dorf Chhomrong, in dem auch der letzte richtige Laden verortet ist. Wir haben alle nochmal unsere Keksvorräte aufgefüllt und später war ich sehr froh, dass ich Miriam an so mancher Stelle noch mit einem Oreo bestechen konnte. Nach der erfolgreichen Überquerung einer weiteren Hängebrücke, auf der man auf keinen Fall Höhenangst haben durfte, ging es dann auf der anderen Talseite wieder hoch. Über endlos scheinende Treppen stiegen wir zuerst bis Sinuwa für eine Mittagspause auf.
Auf dem Weg kam uns eine Ziegenherde entgegen. An sich ist dies nichts Ungewöhnliches auf dem Annapurna Basecamp Trek, aber wir waren wohl gerade an einem Ort mit besonders leckerem Gras, dem die Ziegen nicht widerstehen konnten. Der Ziegenhirte war aber nicht begeistert von der ungeplanten Pause und trieb die Tiere laut an, was dann zu einer plötzlichen Ziegenstampede führte. Miriam hat sich nur noch an meine Beine geklammert, als sich plötzlich von allen Seiten große und kleine Exemplare an uns vorbeidrängeln wollten und sogar von oben auf uns sprangen.
Das Tal wird enger
Nach einer ereignislosen Nacht in Doban ging es am nächsten Morgen weiter in Richtung Deurali (so heißen viele Orte in der Region). Morgens war es jetzt schon deutlich kälter, aber sobald die Sonne über die Berge lugte wurde es schnell wieder angenehm. Man merkte aber auch deutlich, dass das Tal so langsam enger wurde und die Bergflanken näher aneinanderrückten.
Da wir gut im Plan waren, machten wir in Himalaya eine ausgedehnte Mittagspause, bei der wir alle nochmal ordentlich die Sonne tanken konnten. Miriam hat sich von Anfang an gut mit unseren Guides und Trägern verstanden, aber bei dieser Mittagspause hat sie auch angefangen, mit ihnen Karten zu spielen. Von da an war sie eigentlich eher bei den Trägern zu finden als bei dem Rest der Gruppe und sie hat sich Freunde fürs Leben gemacht. Ich finde es immer wieder unglaublich, wie gut sie sich in den unterschiedlichsten Zusammenhängen zurechtfindet und wie sozial sie ist.
Eine weitere tolle Bekanntschaft auf der Tour war Devon, eine amerikanische Künstlerin die mit uns unterwegs war. Miriam und sie haben sich beim Laufen stundenlang unterhalten und sich Geschichten erzählt, und abends haben die beiden zusammen gemalt und den Tag Revue passieren lassen. Ich habe mich auch sehr gut mit Devon verstanden und wir haben oft ein Zimmer geteilt, aber die beiden haben wirklich ein ganz besonderes Band geknüpft, und ich hoffe wir können Devon bald besuchen.
In Deurali haben wir dann auch zum ersten Mal so richtig gemerkt, was Hauptsaison bedeutet. Es gab dort nur wenige Guesthouses die alle voll waren, und wir hatten Glück überhaupt Zimmer zu bekommen. Im Aufenthaltsraum hatten aber schon viele Wanderer ihr Nachtlager aufgeschlagen, da es keine Betten mehr gab. Um unsere Abendessenszeit mussten wir richtig kämpfen, und unseren Platz um 6 Uhr haben wir dann auch an eine koreanische Gruppe verloren. Die haben draußen gecampt und haben ihr gesamtes Essen mitgebracht – inklusive Koch. Die sind dann für eine halbe Stunde durch den Aufenthaltsraum gelärmt (ich finde kein anderes Wort, wir haben alle nur fasziniert gestaunt) und dann wieder verschwunden. Das nächste Mal gehört haben wir die Truppe, als sie sich morgens um vier fertig machten und laut die Anwesenheit kontrollierten – genau vor unseren Zimmern. Echt unglaublich, es schien als würden die überhaupt nicht wahrnehmen, dass es auf dieser Welt noch andere Menschen gibt.
Der letzte Push – Ins Annapurna Basecamp
Wir haben dann nochmal zwei Stunden länger geschlafen und haben es ruhig angehen lassen. Nach einem Frühstück, um das wir wieder richtig kämpfen mussten, ging es los. Entlang eines Flusses zuerst in der Talsohle, dann schließlich über kleine Pfade die Bergflanke hoch. Da wir mittlerweile auf fast 4000 m waren, wurde auch die Luft dünner und wir gerieten ganz schön schnell außer Atem. Über einen engen und steilen Pfad überquerten wir einige kleinere Erdrutsche und erreichten schließlich das Basecamp des Machhapuchare, des Fishtails. Der Fishtail ist ein Berg mit einer sehr speziellen Form – von einem bestimmten Winkel sieht der Gipfel aus wie ein Fischschwanz. Der Machhapuchare ist heilig und wurde bis jetzt nur einmal bestiegen – und bei dieser Besteigung verunglückten alle Beteiligten. Seitdem wurde keine Erlaubnis mehr vergeben, der Berg hatte gesprochen.
Schon während des Aufstieges hatte sich das Wetter verschlechtert, und als wir nach unserem Mittagessen weiter bis ins Basecamp ziehen wollten, fing es sogar an zu regnen. Miriam und ich zogen uns so ziemlich alles an, was wir erreichen konnten, da auch die Temperatur durch die Wolken um uns herum um mehrere Grade gefallen war. Es war schon ein wenig gruselig, ohne weiter als ein paar Meter sehen zu können loszuziehen und immer weiter aufzusteigen. Der Weg war aber gut markiert, so dass ein Verlaufen keine Option war – außerdem wurde das Tal immer enger, so dass es sowieso nur einen Weg gab.
Durch die Wolken und immer wieder vereinzelte Regentropfen schoben wir uns also im Endspurt weiter den Berg hinauf. Miriam hatte bis jetzt immer super mitgezogen, aber so hatte sie auch keine Lust mehr. Es war eiskalt, man konnte nichts sehen, und wir hatten keine Vorstellung, wie lange es noch weitergehen würde. Die Luft war dünn und jeder Schritt anstrengend. Da uns aber ja nichts anderes blieb, haben wir weiterhin einen Fuß vor den nächsten gesetzt und uns hochgequält – ja, in diesem Moment war es wirklich Quälerei.
Gerade, als wir wirklich die Faxen dicke hatten, tauchte ein Schild aus dem Dunst auf. Und auf dem Schild stand: Warmly Welcome to all Visitors, Annapurna Basecamp. Wir konnten es kaum fassen, aber wir hatten es wirklich geschafft und hatten das Basecamp nach sechs Tagen Aufstieg erreicht. So richtig sieht man es uns nicht an, aber wir waren beide unglaublich stolz auf unsere Leistung – und ich vor allem auf Miriam, die es auf ihren kleinen Beinchen wiedermal bis nach oben geschafft hatte!
Mehr zu unserer Wanderung zum Annapurna Base Camp gibt es in Teil I und Teil III zu lesen.
Die Annapurna Basecamp Wanderung ist Teil unserer 1000 K Challenge, in der wir 1000 Kilometer für den guten Zweck wandern. Wer uns dabei mit Spenden für Projekte in Nepal unterstützen möchte, kann dies weiterhin gerne tun!
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Heike (Sonntag, 10 Februar 2019 19:21)
Hey! Freue mich immer zu sehen, was alles mit Kindern geht, wenn man sich auf der einen Seite auf sie einlässt und auf der anderen Seite, ihnen etwas zutraut. Weiter so, ihr macht das super!
Grüße Heike
Eva (Montag, 11 Februar 2019 06:42)
Liebe Heike,
vielen Dank für den netten Kommentar. Ja, es ist echt eine Mischung, und Kinder könen sooo viel. In einem Monat gehts für uns in Everest Basecamp, ich bin mal gespannt!
Viele Grüße,
Eva
Anna von Blog auf Meer (Dienstag, 12 Februar 2019 10:26)
Wow deine kleine Miriam ist ja echt tough. Unglaublich. Zum Knuddeln ist sie auch noch. Wunderbar wie ihr das macht und weiter so!
Alles Liebe,
Anna