Nachdem es uns am vierten Tag unserer Wanderung in Upper Mustang ja schon viel leichter gefallen war, auf den Pass aufzusteigen, so zeigte uns der fünfte Tag dann endgültig: wir sind endlich akklimatisiert. Von Ghami wollten wir nach Tsarang wandern und natürlich gab es auch hier wieder einen Pass zu überwinden.
Auf den Spuren der Ziegen - falscher Abzweig im Flusstal
Von Ghami aus konnten wir den Pass ins nächste Tal schon sehen, vorher mussten wir allerdings erstmal ein Flusstal durchqueren. Mustang ist so zerklüftet von den verschiedenen Flusslaufen und Bächen, dass man gut und gerne die doppelte Zeit für einige Strecken braucht, als man das auf der Karte vermuten würde, da man ständig hoch und runter muss. Wir sind also runter zum Fluss und über eine Brücke auf die andere Seite. Dort konnte man wieder entweder den Straßenweg wählen oder eine Abkürzung. Miriam und ich haben wieder die Abkürzung genommen und bogen links ab, als alle anderen der Straße nach rechts folgten. Wir landeten in einem kleinen Tal, das prinzipiell in die richtige Richtung führte, allerdings sehr eng war. Fünf Minuten folgten wir einem gut ausgetretenen Pfad, bis dieser plötzlich auf der anderen Seite weiter ging. Die Steine waren im Fluss waren allerdings noch überfroren und total glitschig, so dass wir nicht einfach über den Fluss springen konnten. Nach einigem rumsuchen haben wir uns dann entschieden umzukehren. Sehr schnell haben wir dann auch festgestellt, warum der Pfad so gut ausgetreten waren: innerhalb von Sekunden waren wir von Ziegen umzingelt, die wohl hier jeden Tag aufstiegen. So geländetauglich waren wir dann allerdings nicht, so dass wir dann doch über die Straße gehen mussten und oben einen sehr beunruhigten Arjun trafen, der sich so gar nicht erklären konnte, warum wir so lang gebraucht hatten.
Die Gedärme des Dämons - die längste Gebetswand in Mustang
Oben sind wir dann an der längsten Mani Wand in Mustang entlang gelaufen und langsam weiter in das Tal vorgedrungen. Mani Wände sind Gebetswände, in die entweder beschriebene Steine eingelassen sind oder sogar Gebetsmühlen. Man muss sie beim Vorbeilaufen immer rechts lassen und in Mustang splittern sich sogar die Straßen auf, damit man auch im Jeep auf der richtigen Seite vorbei fahren kann. Diese längste Wand soll die Gedärme eines Dämonen repräsentieren, der hier vor tausenden von Jahren wütete und von einem Guru getötet wurde – zu dieser grusligen Geschichte aber mehr in unserem nächsten Beitrag.
Bevor es für uns dann nach rechts in Richtung Pass hoch ging, lag links noch eine Gruppe von Chorten, die wir uns nicht entgehen lassen konnten. Hier haben wir dann auch unsere Weggefahren von vorher getroffen – ohne Pausen zum Grasfressen haben wir hier die Ziegen wieder eingeholt. Die Chorten lagen malerisch gegenüber von beeindruckenden Klippen, die in wunderbaren Säulen aufgefächert waren und es war eine ganz besondere Stimmung hier. Einige waren sehr verfallen, andere noch gut in Schuss und Miriam und ich sind ganz langsam im Uhrzeigersinn um die Gruppe herumgelaufen und konnten uns an den Details kaum satt sehen.
Auf den Pass
Nach diesem kurzen Ausflug ging es dann endgültig in die Höhe. Serpentine um Serpentine schlängelte sich die Straße in Richtung Pass hoch und wir konnten schon von weitem die Gebetsfahnen ganz oben erspähen. Dieses Laufen wenn man das Ziel schon sieht ist uns viel leichter gefallen als bei einigen anderen Aufstiegen, bei denen es nach jeder Ecke irgendwie doch wieder weiter ging. Oben hatte man dann wieder eine unglaubliche Aussicht und die Fotoapparate liefen heiß. Es hab auch wieder einen Steinhaufen, der den höchsten Punkt markierte und der sich ideal als Windabhalter und Pausenplatz eignete. Hier stärkten wir uns wieder mit Yakkäse und Erdnüssen, bevor wir dann wieder abstiegen. Nach einer weiteren Stunde bergab markierte schließlich eine große Chorten am Wegesrand den Beginn des Dorfes Tsarang, unser Ziel für den heutigen Tag.
Dorfbesichtigung Tsarang - Kloster und Königspalast
Nach den Anstrengungen der vorherigen Tage hatten wir uns entschieden, einen Ruhetag in Tsarang einzulegen und waren daher besonders darauf bedacht, ein schönes Guesthouse zu finden. Zum Glück hatte hier das Hotel auf, das Arjun immer besucht und wir konnten uns die schönsten Zimmer aussuchen. Nach einer leckeren Nudelsuppe, die uns gut aufwärmte haben wir uns dann noch den Ort angeguckt. Hier konnten wir zum ersten Mal auch ein altes Kloster besichtigen, und nachdem wir einige Zeit auf den Mönch mit dem Schlüssel warten mussten, durften wir sogar rein. Das Kloster war aus dem 14. Jahrhundert und wirklich beeindruckend. Im Hauptraum gab es viele Statuen zu sehen und allein schon das Gebäude von außen war toll. Man sah allerdings auch, dass viele Seitengebäude verfallen und nicht mehr wirklich in Schuss gehalten werden.
Der Mönch erzählte uns, dass das Kloster vom ersten König von Mustang gegründet worden war und dass dieser dafür extra einen wichtigen Guru aus Tibet eingeladen hatte. Das Königshaus von Mustang wollte den Buddhismus stärken und daher gab der Sohn des ersten Königs bald eine strenge Regel vor: Sollte der König selbst mehr als zwei Söhne haben, so musste der jüngere Mönch werden. Hatte eine Bauernfamilie drei oder mehr Söhne, so wurde der mittlere Mönch. Diese Tradition wird in vielen Familien bis heute fortgesetzt und unser Führer berichtete uns, dass auch er ein mittlerer Sohn sei. Der zweite Sohn des aktuellen Herrschers wird ebenfalls zurzeit in Indien zum Mönch ausgebildet.
Nachdem wir uns das Kloster angeschaut hatten, gab es noch einen Höhepunkt für Miriam: Wir konnten auch den ehemaligen Palast des ersten Königs von Mustang ansehen. Bevor die Königsfamilie in zweiter Generation Lo Manthang als Hauptstadt ausgesucht hatte und ihren Sitz hierher verlegte, lies der erste Herrscher einen Palast in Tsarang bauen. Dieser ist mittlerweile sehr verfallen, aber einige Zimmer kann man immer noch besichtigen. Der Mönch, der hier die Führung übernahm, zeigte uns stolz den Gebetsraum, in dem bis vor kurzem noch Gebetsbücher aus dem 14. Jahrhundert aufbewahrt wurden und den ehemaligen Audienzraum. Hier kann man noch den Platz sehen, an dem der erste König seine Untertanen empfing und sich von ihnen Abgaben machen ließ. Der König ließ es sich wohl so gut gehen, dass er zum Ende seines Lebens ganz schön dick geworden war.
Nach diesen zwei Höhepunkten ging es für uns wieder zurück ins Guesthouse, da die Sonne schon unterging und es langsam kalt wurde. Wir hatten auch die Hoffnung auf Strom, da Tsarang der erste Ort nach mehreren Tagen mit Stromleitung war und alle unsere elektrischen Geräte mittlerweile leer waren. Leider hat diese sich jedoch nicht erfüllt, am nächsten Tag haben wir dann auch rausgefunden warum: die Leute, die abends den Strom einschalten, waren gerade nicht da, so dass das ganze Dorf schon seit Tagen keine Energie mehr hatte. Davon haben wir uns aber nicht die Laune verderben lassen und haben abends strategisch geplant, wer wann fotografiert um die beste Abdeckung sicherzustellen.
Leider kam dann aber noch eine Gruppe von acht nepalischen Männern im Jeep an, die uns den idyllischen Abend den wir uns vorgestellt hatten ordentlich verhagelt haben. Statt dem leisen Geklingel der Glocken der Pferde habe ich nachts nur das Schnarchen der Nachbarn gehört und hätte Annette mir nicht ihre Ohrstöpsel gegeben, so hätte ich wahrscheinlich irgendwann die Tür eingetreten. Also die hätten ruhig woanders schlafen können. Miriam hat sich zum Glück nicht wirklich stören lassen und hat trotz Getöse nebenan geschlafen. Wenigstens hatten wir die Aussicht auf einen Ruhetag am nächsten Tag, und einige Stunden Schlaf habe ich dann auch bekommen.
In unserem Youtube Video über den tollen Tag gibt es auch spannende Bilder aus dem Palast und Kloster - schaut es euch also auf jeden Fall bis zum Ende an. Und wir freuen uns natürlich besonders über ein Abo!
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