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Reisen verändert? Reisen hat mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt!

Reisen verändert

Die Frage, ob das Reisen mich verändert hat, habe ich mir schon oft gestellt, und die Antwort darauf ist definitiv: Ja. Wenn ich mit 19 Jahren nicht meinen Rucksack gepackt hätte und mich nach Südamerika auf den Weg gemacht hätte, dann wäre ich jetzt sicherlich nicht auf meinem Lebensweg dort, wo ich jetzt bin. Ich bin unglaublich froh, über alles, was ich unterwegs gelernt und gesehen habe! Ich habe definitiv meinen Horizont erweitert, und alle Aspekte meines Lebens werden davon beeinflusst. Und ich bin dankbar für alle Erfahrungen, die mich dahin geführt haben, wo ich heute bin!

 

 

„Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie angeschaut haben.“

Alexander von Humboldt

 

 

Reisen verändert – Perspektivenwechsel in Südamerika

Sabine von „Ferngeweht“ hat zu einer Blogparade zum Thema „Reisen verändert“ aufgerufen, und da bin ich natürlich gerne dabei. Denn das Reisen hat in meinem Leben so unglaublich viel verändert! Den Anfang meiner „Reisekarriere“ habe ich mit meiner großen Reise alleine nach dem Abi gemacht: es sollte für neun Monate nach Südamerika gehen. Meinen besorgten Eltern hatte ich versprochen, im Anschluss mein Studium in Sportmanagement zu beginnen und immer vorsichtig zu sein – ich hatte ja keine Ahnung, dass diese Reise mein ganzes Leben umkrempeln würde.

 

In Ecuador habe ich dann die ersten Monate in einem ökologischen Projekt gearbeitet, und die Zeit dort hat mein Weltbild nachhaltig verändert, einerseits durch die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, und andererseits durch die unglaublichen Naturerfahrungen, die ich dort gemacht habe.

 

Begegnungen, die mich prägten

Die Person, die mich am meisten geprägt hat, war Lucy. Lucy hat in dem Projekt in dem ich war als Köchin gearbeitet und war genauso alt wie ich. Wir haben uns sofort angefreundet und nach einer Woche haben wir unsere ganze Freizeit zusammen in ihrem Zimmerchen verbracht, über Jungs geredet, gekichert und unsere Geschichten ausgetauscht. Eigentlich waren wir so gleich. Nach einigen Wochen habe ich erfahren, dass ihr Vater einer der Landwirte war, die den Wald um unser Reservat herum abholzen. Ich war total schockiert, denn in meinem Schwarz-Weiß Weltbild waren das die Bösen. Durch die Einblicke von Lucy habe ich zum ersten Mal verstanden, was für ökonomische Zwänge die Landwirte oft dazu treiben, sich nicht nachhaltig zu verhalten. Für Lucys Vater gab es die Wahl: Bäume fällen, oder kein Essen auf dem Tisch.

 



Lucys Traum war es, Kosmetikerin zu werden. Von ihrem kleinen Lohn hatte sie schon einiges angespart, um in San Gabriel einen Kurs besuchen zu können, in dem sie die Grundlagen lernen würde. Fast jeden Tag hat sie davon erzählt und war richtig aufgeregt. Kosmetikerin war zwar nicht mein Traumberuf, aber ich habe mich für sie gefreut. Bis dann eines Tages ihre Mutter krank wurde. Jedes Familienmitglied musste helfen, um den Krankenhausaufenthalt zu bezahlen, und Lucys Erspartes war weg. Von einem Tag auf den andere stand sie wieder bei null – und mir wurde zum ersten Mal so richtig bewusst, wie privilegiert ich aufgewachsen bin.

Ich dachte immer, ich wäre etwas Besonderes, weil ich schon mit 14 für mein eigenes Geld gearbeitet hatte. Jetzt wurde mich klar, auf wie vielen Ebenen meinen Eltern und mein Netzwerk mich trotzdem noch unterstützt hatte. Außerdem hatte ich immer nur für Dinge gearbeitet, die ich haben wollte – ich musste nie in so jungem Alter Verantwortung für andere übernehmen. Ich hatte Glück in der Lotterie, bin im richtigen Land zur richtigen Zeit geboren. Verdient habe ich das nicht – ich habe einfach das große Los gezogen.

 

 

Die Liebe zur Natur

Ich war schon immer gerne viel draußen unterwegs. In dem Reservat habe ich aber eine ganz andere Dimension der Liebe zur Natur erfahren. Ich habe Stunden über Stunden im Primärwald verbracht, der seit tausenden von Jahren dort steht. Ich habe gelernt, die kleinsten Orchideen und die unscheinbarsten Insekten auf den Ästen zu entdecken und das Zusammenspiel aller Organismen zu bewundern. Ich habe mit verschiedenen Wissenschaftlern aus allen Disziplinen gearbeitet und war mit ihnen im Feld – das hat meine Leidenschaft für Naturwissenschaften entfacht.

 

Am eindringlichsten ist mir meine Zeit mit Peter in Erinnerung. Peter war ein 62-jähriger Ornithologe aus Amerika, und ich war ihm als Guide zugeteilt. Über mehrere Wochen waren wir jeden Tag im Wald unterwegs, da er eine Studie über das Vorkommen bestimmter Vögel im Reservat anfertigte. Anstatt einfach nur zu laufen, hat er mir beigebracht den Wald wirklich wahrzunehmen. Oft saßen wir einfach nur eine Stunde regungslos auf einem Baumstamm, bis sich der Vogel, den Peter sehen wollte endlich aus dem Gebüsch traute. Er hat mir beigebracht, Vogelstimmen zu imitieren und ihre Rufe zu interpretieren – er hat mir einen ganz neuen Zugang zur Natur eröffnet.

 


Welche Konsequenzen habe ich gezogen?

Als ich nach neun Monaten wieder zurück nach Deutschland kam, hatte sich meine gesamte Weltsicht geändert. Ich wollte etwas ändern, wollte etwas von dem Glück, dass ich habe – in Deutschland geboren zu sein – teilen und meine Verantwortung annehmen. Ich habe dann in Deutschland den Verein Pumamaqui e.V. gegründet, mit dem ich bis heute verschiedene Projekte in Ecuador und Nepal unterstütze. Statt Sportwissenschaften habe ich Geographie studiert und arbeite seitdem in der Entwicklungszusammenarbeit. In die Ferne hat es mich immer wieder gezogen, seit der ersten Reise war ich noch vier Mal in Südamerika, seit sieben Jahren lebe ich in Nepal. Zu meinem alten Leben bin ich in der Form nie wieder zurückgekehrt.

 

Meine Erfahrungen haben natürlich auch großen Einfluss auf die Art und Weise, wie ich meine Tochter erziehe. Ich möchte, dass sie die Erkenntnisse, die ich in meinen frühen 20ern hatte von Anfang an realisiert. Ich möchte, dass für sie das andere nicht komisch ist, sondern normal. Und ich möchte, dass sie sich bewusst ist, wie privilegiert wir sind, und ihren eigenen Weg findet, mit dieser Verantwortung umzugehen. Und ich denke, dass Miriam davon auf lange Sicht gesehen nur profitieren wird. Ein ganz besonderer Moment war für mich meine Reise nach Südamerika und Ecuador mit Miriam gemeinsam 2017. Wir waren zusammen auch in Guandera, und das Gefühl ihr diese Orte zeigen zu können, kann ich kaum beschreiben!

 

Auf meiner zweiten Reise nach Südamerika hat mich irgendwann am Lagerfeuer mal jemand gefragt, was die eine Sache ist, die ich in meinem Leben am meisten bereue. „Die Tatsache, dass ich nach Südamerika gereist bin.“, habe ich gesagt. Denn manchmal würde ich mir ein „normales“ Leben wünschen. Irgendwie war früher alles einfacher und eindeutiger, als ich noch nicht so viele Perspektiven kannte. Wenn ich damals nicht in dieses Flugzeug gestiegen wäre, hätte ich jetzt vielleicht eine klassische Karriere, ein Haus und einen Baum im Vorgarten. Aber eigentlich bin ich natürlich froh über alle Erlebnisse, die ich hatte. Denn ohne diese Erfahrungen, wäre ich heute nicht die Person, die ich bin.

Habt ihr auch das Gefühl, dass das Reisen euch verändert hat? Vielleicht auf eine ganz andere Art und Weise? Ich freue mich auf Austausch in den Kommentaren!

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Sabine von Ferngeweht (Freitag, 03 Mai 2019 11:19)

    Danke für den Einblick in Deine Jugenderlebnisse! Spannende Geschichte! Danke, dass Du damit an meiner Blogparade teilgenommen hast.

  • #2

    Monika (Freitag, 03 Mai 2019 18:00)

    Klar verändert reisen. Ich war mit 25 auf 3-monatiger Weltreise. Ich war damals sehr schüchtern. Durch die Erfahrungen und Erlebnisse bin ich gewachsen und offener gegenüber allem geworden. Ich bin froh, dass ich den Mut dazu hatte.