Wenn man ans Wandern in Nepal denkt, kommen einem wahrscheinlich erstmal nur die langen und spektakulären Touren in den Sinn. Annapurna, Everest und Langtang sind wohl die bekanntesten. Es gibt aber auch rund um Kathmandu einige richtig spannende Wanderungen, die man entweder mit Übernachtungen oder als Tagestouren machen kann. So kann man auf dem Rand des Tals die ganze Stadt umrunden. Letzte Woche haben wir vier Tagesetappen des sogenannten Ridge-Trails gemacht.
Die Busfahrt aus der Hölle
Der Vorteil einer Wandertour in der Nähe von Katmandu ist die kurze Anreise. Anstatt einen ganzen Tag einplanen zu müssen, um an den Startpunkt der Wanderung zu kommen oder das Flugzeug zu nehmen, kann man ganz einfach mit dem Lokalbus losfahren. Das dies manchmal allerdings trotzdem richtig blöd ist, mussten wir dann leider feststellen. Erstmal haben wir fast eine Stunde gebraucht, bis wir mal von unserer Wohnung bis zum Ratnapark gekommen sind, von wo der Bus abfährt. Dort haben wir dann zwar sofort einen Bus bekommen, allerdings hatte dieser einen extrem nervigen und lauten Busjungen (der das Geld und neue Passagiere einsammelt), außerdem hatte wohl derjenige, der vorher an unserem Platz gesessen hatte sein Mittagessen nicht so gut vertragen. Als dann irgendwann noch ein Betrunkener eingestiegen ist, der uns dann fast auf dem Schoß saß hatte sogar Miriam genug. Nach gefühlten 10 Stunden (es waren wohl eher 1,5…) kamen wir dann endlich in Banepa an, von wo es losgehen sollte.
Von Banepa nach Nagarkot
Am ersten Tag unserer Wanderung wollten wir es locker angehen lassen, wir waren ja auch erst gegen Mittag losgekommen. Von Banepa ging es über Nala bis nach Nagarkot, wo wir die erste Nacht verbringen wollten. Das erste Stück ging es über die Straße, dann über kleinere Wege durch wunderschöne Dörfer. Hier stehen sogar noch einige traditionelle Häuser, die das Erdbeben wohl überstanden haben und man bekommt noch eine Idee, wie es früher hier ausgesehen hat.
Das letzte Stück bis nach Nagarkot hat sich dann ordentlich gezogen, irgendwie wollte es kein Ende nehmen. Fast mit dem Einbruch der Dunkelheit kamen wir dann endlich in dem Ort – allerdings habe ich mich am Ortseingang erstmal noch mit dem lokalen Geldeintreiber angelegt. Offensichtlich muss man jetzt auch hier eine Gebühr bezahlen, obwohl es kein Nationalpark ist. So ganz wollte ich das nicht einsehen, aber am Ende musste ich dann doch wohl oder übel die 350 Rupien bezahlen.
Mein erster Sonnenaufgang in Nagarkot
Ich war schön einige Male in Nagarkot, denn der Ort ist ein beliebtes Ausflugsziel. Bei sehr gutem Wetter kann man wohl von hier sogar den Everest sehen. Bei meinen bisherigen Besuchen hatte ich aber meistens die Hand kaum vor Augen gesehen. Entweder es hatte geregnet oder war diesig, den berühmten Sonnenaufgang hatte ich jedenfalls noch nie gesehen. Diesmal sollte dies jedoch anders sein und wir hatten endlich mal Glück – um Punkt 6.45 Uhr zeigte sich die Sonne über dem Bergpanorama und setzte ein Farbenschauspiel in Gang, das wirklich wunderschön war.
Miriam und Heather, unsere Wanderbegleitung, hatten den Sonnenaufgang verschlafen, tagsüber wurden wir jedoch immer wieder mit unglaublichen Ausblicken entschädigt. So klar habe ich die Sicht wirklich selten gesehen, und unsere Kameras sind heiß gelaufen.
Von Nagarkot bis Chisopani – oder doch nicht?
Am zweiten Tag wollten wir eigentlich eine ziemlich lange Strecke bis nach Chisopani auf der anderen Seite des Shivapuri Nationalparks laufen. Von Anfang an merkten wir jedoch, dass wir irgendwie nicht schnell unterwegs waren, und die ständigen Fotopausen halfen da nicht. Außerdem ging es heute vor allem über Straßen – auch das nicht gerade eine Tatsache, die das Laufen einfacher macht. Als wir dann um zwei Uhr immer noch nicht den Shivapuri Nationalpark erreicht hatten, haben wir uns daher entschieden, nur bis Jhule auf halber Strecke zu laufen. Keiner von uns hatte Lust, im Dunkeln im Wald zu enden, und wir hatten ja keinen Druck. In Jhule wollten wir eigentlich in dem Hotel schlafen, in dem ich schon bei unserer letzten Tour vor vier Jahren untergekommen bin, aber als wir dort ankamen, traf uns der Schlag. Das alte Haus war abgerissen und jetzt stand dort ein sehr hochklassiges Hotel – auf den ersten Blick komplett außerhalb unseres finanziellen Rahmens.
Da wir aber alle ziemlich kaputt waren, haben wir trotzdem gefragt, und der Manager hat sich wie Bolle gefreut uns zu sehen. Bevor er irgendwas über die Kosten preisgeben wollte, mussten wir uns erst das Zimmer ansehen – bequeme Betten und wunderschöne Aussicht inklusive. Angstvoll haben wir dann nach dem Preis gefragt, und siehe da: nur 1000 Rupien. Das Zimmer, in dem wir dann unterkommen sollten war nämlich ein zukünftiger Büroraum, die „echten“ Zimmer waren noch nicht fertig. Der Manager hat sich über und über entschuldigt, wir waren nur einfach froh, denn ansonsten hätte das Zimmer um die 40 US$ gekostet. Wiedermal Glück gehabt.
Relaxen auf der Terrasse statt Hetze
Da es ja erst früher Nachmittag war, blieb uns jetzt genug Zeit, die Terrasse zu genießen. Bei Milchtee und Kaffee haben wir Hausaufgaben gemacht, Spiele gespielt und ich habe sogar Zeit gefunden, ein paar Seiten in meinem Buch zu lesen – einfach ein perfekter Nachmittag.
Am nächsten Tag haben wir dann das Stückchen bis nach Chisopani in Angriff genommen. Von Jhule aus ging es erstmal bis zum Checkpoint, an dem wir die 1050 Rupien Gebühr pro Person für den Nationalpark zahlen mussten. Dann ging es durch den Shivapuri Nationalpark. Zu meiner großen Enttäuschung war der Weg, der vor vier Jahren noch ein Fußpfad gesäumt von Farnen war mittlerweile zu einer Straße umgewandelt worden. So war das Wandern nicht mehr ganz so schön, und wir waren auch wieder ganz schön lange unterwegs. Je weiter wir gingen, desto froher waren wir, dass wir uns am vorherigen Tag für das Verweilen entschieden hatten.
Wieder gegen Nachmittag kamen wir dann in Chisopani an, und schon von weitem hatte ich ein schiefes Haus entdeckt. Zuerst dachte ich, ich hätte mich verguckt, doch je näher wir kamen, desto sicherer war ich: da stand mitten im Ort ein Haus mit Schieflage. Nachdem wir wieder einen Checkpoint passiert hatten, waren es nur noch ein paar Meter bis nach Chisopani, und ich war ehrlichgesagt ein wenig entsetzt. Neben dem schiefen Haus standen noch mehrere andere Hotels, die im Erdbeben zerstört worden waren. Das gab dem Ort eine echt morbide Atmosphäre, und bei mir meldete sich sofort das Trauma, das noch tief sitzt. Wir sind dann durch den Ort durchgelaufen und haben weiter unten geschlafen, aber ich habe die ganze Nacht vom Erdbeben geträumt – keine entspannte Nacht.
Noch ein Sonnenaufgang und der Abstieg nach Sundarijal
Nachdem wir ein Hotel gefunden hatten, das stabil aussah und nicht im Schatten einer Ruine stand, haben wir noch die letzten Sonnenstunden auf der Dachterrasse genossen. Auch wenn wir alle mit dem Ort an sich nicht so richtig warm wurden, so war die Aussicht von dort oben auf die Langtang Berge doch echt wunderschön. Miriam hatte wiedermal einen Energieüberschuss und hat Hüpfspiele gespielt, bis mir schon vom Zusehen schwindelig wurde. Später hat sie im Essensraum ein deutsches Pärchen kennengelernt, mit denen sie dann den ganzen Abend Uno gespielt hat und von denen sie Zaubertricks gelernt hat – müde scheint sie irgendwie nie zu sein.
Am nächsten Morgen war ich wieder mal die einzige, die sich den wunderschönen Sonnenaufgang angucken wollte. So hatte ich wenigstens das Dach für mich und konnte das Schauspiel in Ruhe genießen. Nach dem Frühstück haben wir uns dann auf den Rückweg gemacht, immerhin mussten wir ja noch den ganzen Nationalpark durchqueren, um wieder nach Katmandu zurück zu kommen.
Zuerst ging es über Treppen zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir uns von der schönen Bergsicht verabschiedeten, und dann vor allem bergab. Der erste Teil des Weges führte sehr schön durch den Wald, und rechts und links des Pfades wuchsen Jasmin Büsche, die einfach himmlisch dufteten. Nach ungefähr zwei Stunden wurde das Gelände offener und der Weg führte durch kleinere Dörfer und Orte. Die Sonne brannte vom Himmel und es war echt heiß – wir waren jedes Mal dankbar, wenn es wieder ein Stückchen unter Bäumen her ging. Das allerletzte Stück sind wir dann an einem Fluss entlanggelaufen – und haben uns prompt nochmal verlaufen. Nach ein wenig Kletterei am Ufer haben wir dann den richtigen Weg wiedergefunden, und eine halbe Stunde später saßen wir schon wieder im Bus zurück nach Katmandu.
Es tat richtig gut, mal wieder für eine Zeit aus Katmandu raus zu kommen. Leider sind viele der Wege im Tal mittlerweile zu Straßen umgewandelt, so dass es nicht mehr ganz so schön ist, wie es mal war. Trotzdem hatten wir tolle vier Tage und vor allem der letzte Tag im Nationalpark hat uns gut gefallen. Jetzt fehlt uns noch die südliche Route, bis wir einmal komplett um Kathmandu rumgewandert sind.
Mit dieser Wanderung haben wir wieder knapp 60 km zu unserer 1000 K Challenge hinzugefügt. Bald sind wir durch, wenn Ihr uns und die Projekte für die wir Spenden sammeln noch unterstützen wollt gibt es aber auf jeden Fall noch die Möglichkeit! Vielen Dank!
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Entdeckerstorys (Montag, 11 März 2019 08:54)
Was für ein Sehnsuchtsland! Wenn ich allein diesen Ausblick von der Terrasse sehe! Vielen Dank fürs „Mitnehmen“ auf diese Tour - ich hoffe, wir schaffen aus dort auch noch hin!!!
Isabel | childandcompass.com (Montag, 11 März 2019 09:33)
Hallo ihr beiden,
eure Beiträge über Nepal lese ich wirklich so gerne!
Ab wann meinst du lohnt sich eine Reise dort hin? Wie alt sollte meine Tochter sein?
Jetzt könnte ich sie noch problemlos in der Kraxe tragen, aber ich habe Sorge bei den Höhenmetern.
Ab wann ist Miriam die Wanderungen selbst gelaufen?
Liebe Grüße
Isabel
Charnette | www.wiraufreise.de (Montag, 11 März 2019 11:27)
Liebe Eva,
ich habe es ja schon ein paar Mal geschrieben, dass ich wirklich begeistert bin, wie toll Miriam das macht. Erstens die Höhenmeter und zweitens, wie fleißig sie läuft. Und du natürlich auch. Wenn ich die tollen Bilder sehe, dann würde ich am liebsten auch, allerdings trau ich mir das nicht recht zu.
Ich freue mich schon auf euren nächsten Beitrag.
Liebe Grüße
Charnette
Sanne (Dienstag, 12 März 2019)
Hallo Ihr beiden!
Eure Wanderberichte verfolge ich mit Begeisterung. Unser Sohn wünscht sich nach dem Abi eine Nepal-Tour mit uns. Danke für Eure tollen Tipps und Bilder!
Liebe Grüße von Sanne